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Zweck dieses Vorschlags
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Wenn wir lesen Akst, Fater, Kvelle, regt sich sofort der Reflex: 'das ist doch falsch!'. Weil uns schon in der Grundschule eingetrichtert wurde, man schreibt Axt, Vater, Quelle, sind wir darauf gedrillt, solche Fehler nicht zu tolerieren. Pavlovs Hunde konnten ihren konditionierten Reflex überwinden, wenn sie merkten, dass er zu nichts führte. Genau so sollten wir unsere Verehrung überwinden für die Tradition seltsamer Schreibungen, deren Sinn niemand erklären kann.

   





   
Kan, Lem, ir, Or, Hun liest man genau so wie Kahn, Lehm, ihr, Ohr, Huhn und Al, Ter, Mos liest man genau so wie Aal, Teer, Moos. Das h und die doppelten Vokalbuchstaben werden als Dehnungen erklärt, die notwendig seien, um lange Vokale zu kennzeichnen. Wie überflüssig Dehnungen aber tatsächlich sind, sieht man an Tal, Gen, Lid, Not oder Hut, und niemand kann erklären, wann welcher Dehnungsbuchstabe geschrieben wird: sie sind ganz und gar willkürlich. Warum nicht Kaan und Ahl, Leem und Tehr, Oor und Mohs? Nur der Dehnungsbuchstabe e beim 'langen [i]' hat eine sprachgeschichtliche Erklärung.

   






   
Wer Kahn liest, denkt sofort an einen Kahn im Wasser; wer Kan liest, muss erst die Buchstaben zusammensetzen und das Wort 'in Gedanken sprechen'. Dieser Vorteil für die Rechtschreibung beruht einzig und allein auf Gewöhnung. Man wird etwas Übung brauchen, um deutc geschriebene Texte genau so unmittelbar aufzunehmen wie rechtgeschriebene, insbesondere wird man sich an die neuen Abbildungen (c, v, x, z) gewöhnen müssen. Aber schon nach kurzer Zeit wird man Deutc genau so flüssig lesen wie Rechtschreibung, und es gibt auch keinen Grund, warum man nicht mal einen deutc geschriebenen und dann wieder einen rechtgeschriebenen Text lesen könnte.

   





   
Auch wenn die Rechtslage heute nicht mehr ganz eindeutig ist, bleibt doch für Schulen die Duden-Schreibung Pflicht: sie wird durch dieses Monopol zur einzigen Schreibungs-Norm und macht jede Abweichung von dieser Norm zu einem Rechtschreibfehler. Vor noch nicht allzu langer Zeit konnten Rechtschreibfehler jeden beruflichen oder gesellschaftlichen Aufstieg verhindern, und noch heute gilt eine sichere Rechtschreibung als Prüfstein für einen minimalen Bildungsstandard. Aber was wird denn schon durch die Kenntnis solcher speziellen Wortschreibungen bewiesen?

   









   
Wenn es richtig ist, dass jeder, der überhaupt lesen kann, verschiedene Schreibungen problemlos nebeneinander liest, dann ist es nicht notwendig, die Schreibung auf eine einzige Norm festzulegen. In einem Text, der sich weitgehend an die Rechtschreibung hält, wird man Abweichungen als Rechtschreibfehler ansehen, bei einem alternativ geschriebenen Text wäre das absurd. Alte und reformierte Rechtschreibung können schlecht nebeneinander existieren, aber eine alternative Schreibung kann neben der Rechtschreibung bestehen, wenn sie sich durch klare, einfache Regeln von der Rechtschreibung absetzt. Es wird nie nötig sein, alte Texte in Deutc umzuschreiben oder die Rechtschreibung abzuschaffen, niemand wird seine Schreibung umstellen müssen. Aber irgendwann wird Deutc oder eine ähnlich einfache Schreibung in der Schule ankommen, und damit sind wir beim eigentlichen Ziel dieser Seiten.

   













   
Eltern schicken ihre Kinder zur Schule, damit sie zunächst rechnen, lesen und schreiben lernen. Weil viele Erwachsene die Schule in schlechter Erinnerung haben, bemühen sich Pädagogen um moderne Inhalte und Methoden, was in den seltensten Fällen zu einer Verbesserung der Schülerleistungen geführt hat. Als besonderer Flop ist die Mengenlehre in die Schulgeschichte eingegangen; schließlich wird nicht ohne Grund überall auf der Welt auf die gleiche Art und mit (fast) den gleichen Symbolen gerechnet. Nur die Rechtschreibung blieb ein Fels in der Brandung der Reformen - vom letzten Reförmchen abgesehen -, obwohl hier die Reformbedürftigkeit seit Jahrzehnten auf der Hand liegt und keine Sachzwänge wie in der Mathematik ein tatsächliches Reformhindernis darstellen. Nach einigen internationalen Vergleichen von Schülerleistungen kann heute nicht mehr geleugnet werden, dass bei deutschen Schülern wesentliches Sprachwissen wie Leseverständnis unterdurchschnittlich entwickelt ist. Aber weiterhin wird den Kindern Jahr für Jahr mit immensem Aufwand überflüssiges Rechtschreibwissen eingebleut, weil die Rechtschreibung das Ansehen eines wertvollen Kulturgutes genießt.

   














   
Dies Ansehen wird begründet - nach meiner Meinung zu Unrecht - mit der großen Anzahl bedeutender Werke, die in (der jeweils üblichen) Rechtschreibung geschrieben wurden. Aber Kant, Goethe oder Einstein hätten ihre Werke genau so in jeder anderen neuhochdeutschen Schreibung geschrieben, wäre diese zu ihrer Zeit üblich gewesen. Nichts in den Werken Kants, Goethes oder Einsteins ist davon abhängig, ob man zu ihrer Zeit Fernunft oder Vernunft, Hekse oder Hexe, Teori oder Theorie schrieb. Der Philosoph, Dichter oder Wissenschaftler nutzt die jeweils übliche Schreibung als Hilfsmittel, um Sprache zu gestalten oder Erkenntnis mitzuteilen, als Handwerkszeug wie der Maler den Pinsel oder der Bildhauer den Meißel. Der kulturelle Rang einer Sprache wird durch bedeutende Sprachdokumente gehoben, aber in gleicher Weise auch die Rechtschreibung zu einem wertvollen Kulturgut machen zu wollen, ist ein Hütchenspielertrick. Sie ist eher ein Kulturhindernis, da bei jeder Reform alle älteren Texte durch Anpassen an die neue Mode verfälscht werden. Goethe in seiner eigenen Schreibung zu lesen, wäre kein Problem. Aber weil man Rechtschreibung nicht nach grundsätzlichen Regeln lernt, sondern als Schreibung der einzelnen Worte, darf man Schülern nicht Worte in anderer Schreibung vorsetzen.

    Von Generation zu Generation werden geistige ebenso wie materielle Güter weitergegeben, aber auch Belastungen, geistige ebenso wie materielle. Rechtschreibung lesen zu lernen ist eine vergleichsweise geringe, aber lohnenswerte Mühe. Rechtschreiben zu lernen ist dagegen eine große Belastung ohne Gegenwert, ist eine Zwangsjacke, in die Kinder möglichst früh hineingezwängt werden, sodass sie sich ihr Leben lang daraus nicht befreien können, sodass sie es später sogar für unumgänglich halten, ihre eigenen Kinder auch wieder in diese Zwangsjacke zu stecken. Sie ist eine Tradition, die wir unterbrechen sollten, um den folgenden Generationen diese sinnlose Last des Rechtschreibens zu ersparen.

Diesem Zweck diene Deutc!
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